Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

„Das Netz vergißt nichts.“ ist ein verbreiteter Irrtum. 
Die Flut neuer Daten überlagert ältere. Die Netzbetreiber priorisieren Informationen willkürlich nach ihren eigenen Maßstäben (Welche diese sind, liegt auf der Hand.). Viele machen die Erfahrung, daß sie früher im Netz entdeckte Einträge später nicht mehr finden, oder daß ein Eintrag, von dem sie zuverlässig wissen, daß er im Netz existiert, nicht aufgerufen werden kann. Das Netz besitzt keineswegs das ihm oft zugeschriebene Elephantengedächtnis.

Der Europäische Gerichtshof räumte 2014 in einer Grundsatzentscheidung EU-Bürgern das Recht ein, Suchmaschinen aufzufordern, persönliche Informationen zu entfernen, was 2018 in der EU-weiten Datenschutzgrundverordnung verankert wurde. Seitdem müssen Gerichte eine Abwägung treffen zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einerseits und dem Interesse der Öffentlichkeit an bestimmten Informationen sowie der Medien~ und Berufsfreiheit des Suchmaschinenbetreibers andererseits. Die Begehr auf Datenlöschung ist stets im Einzelfall - ggf. gerichtlich - durchzusetzen. Einen Automatismus in Form eines Verfallsdatums, den einige anstrebten, gibt es nicht.

Schon die derzeitige Rechtslage begünstigt unangemessen die Freunde der Löschung, die ganz unstreitig etwas zu verbergen haben. Auf ihr Persönlichkeitsrecht haben sie seinerzeit bei der freiwilligen Einstellung ihrer Daten ins Netz verzichtet. Erfolgte diese unfreiwillig, lagen dem schon damals überwiegende  Interessen der Öffentlichkeit an Information zugrunde.
Bisweilen werden aus den Betroffenen später Personen des Zeitgeschehens. Dann wäre die Löschung von Daten nicht mehr durchsetzbar, weil ihr Persönlichkeitsrecht hinter dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurücktritt. Ist die Löschung  bereits erfolgt, stehen die Daten der Öffentlichkeit, die daran nun berechtigtes Interesse hätte, nicht mehr zur Verfügung. 
Viele unserer Polit-Schergen genießen heute „die Gnade der frühen Geburt“ (in Abwandlung eines berühmten Kohl-Zitates), als es das Netz so noch nicht gab, was ihnen die Aufklärung ihrer früheren Schandtaten erspart.
Die zur Befürwortung der Löschung vorgebrachten viel zitierten Jugendsünden sind Teil des Lebens, zu denen man mutig stehen sollte. Handelt es sich dabei um Bagatellen, sind sie selbstkritisch erklärbar. Anderenfalls sind sie eben Teil des gesamten Persönlichkeitsbildes so, wie es nun einmal ist. Nicht zuletzt das Gedächtnis des Netzes sollte zu reflektiertem Umgang mit den eigenen Daten gemahnen. Niemand ist gezwungen, sich selbst zu kompromittieren. Tut er es dennoch, stellt auch dies eine Erkenntnis über ihn dar.

In den USA gilt der bedingungslose Vorrang der Medienfreiheit. Wir haben schon Schlechteres von dort übernommen. Hier sollte man sich an diesem Bespiel orientieren.




https://www.dw.com/de/recht-auf-vergessenwerden-europas-digitales-radiergummi/a-55693435

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